Das Arbeitszeugnis und dessen Inhalt sind Gegenstand zahlloser Rechtsstreite.
Die Bewertung der Leistung und Führung des Arbeitnehmers im Rahmen des durch den Arbeitgeber zu erteilenden Arbeitszeugnisses birgt nicht selten ein enormes Konfliktpotential.
Dabei sieht der Arbeitnehmer seine Leistung und Führung naturgemäß deutlich positiver als der Arbeitgeber, sodass der Arbeitnehmer häufig die Berichtigung eines erteilten Zeugnisses verlangt. Von entscheidender Bedeutung im Rahmen des Zeugnisstreits ist daher die Klärung der Beweislast, also der Frage welche Partei welche Tatsachen nachzuweisen hat.
Dabei gilt grundsätzlich Folgendes:
Nach den allgemeinen Regeln über die Verteilung der Darlegungslast hat jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen. Der Arbeitnehmer, der die Erteilung eines Zeugnisses verlangt, hat deshalb zunächst die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich der Anspruch auf den begehrten Inhalt des Arbeitszeugnis ergibt.
Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer Berichtigungsstreit, mit dem der Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Beurteilung erstrebt, die hierfür erforderlichen Tatsachen vorzutragen. Er muss darlegen und beweisen, dass das Arbeitszeugnis fehlerhaft ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein gutes oder sehr gutes Zeugnis, sondern nur auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Erst wenn der Arbeitnehmer dargelegt hat, leistungsgerecht sei ausschließlich eine überdurchschnittliche Beurteilung, hat der Arbeitgeber die Tatsachen vorzutragen, die der überdurchschnittlichen Leistungsbewertung entgegen stehen.
Dies gilt jedenfalls unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis eine gut durchschnittliche Leistung bescheinigt hat.
In diesem Zusammenhang hatte das Arbeitsgericht Berlin zu klären, was als gut durchschnittliche Leistung zu gelten hat. (vgl. ArbG Berlin, Urteil vom 26.10.2012, Az. 28 Ca 18230/11)
Dabei ging das Arbeitsgericht Berlin zunächst von der Maßgabe der gängigen Rechtsprechung aus, dass bei Verwendung der üblichen Notenskala mit durchschnittlich dasselbe wie mit befriedigend gemeint ist.
Dieser Rechtsprechung hat das Arbeitsgericht sodann empirische Erhebungen entgegen gestellt, nach denen Zeugnisse mit den Bewertungen „sehr gut“ und „gut“ signifikant häufiger vorkommen als Zeugnisse mit der Gesamtbewertung befriedigend.
Aus dieser Tatsache leitet das Arbeitsgericht Berlin die Schlussfolgerung ab, dass eine durchschnittliche Bewertung von Leistung und Führung in der Notenskala über der note befriedigend anzusetzen sei.
Dem Arbeitnehmer als Anspruchssteller könne demnach nicht die Darlegungs- und Beweislast dafür auferlegt werden nachzuweisen, dass seine Leistung und Führung zu Unrecht nur mit befriedigend bewertet worden ist, wenn der Durchschnitt aller Bewertungen eher im Bereich der Gesamtnote gut anzusiedeln ist.
Vor der Durchführung eines Verfahrens auf Zeugnisberichtigung sollte jedoch zunächst genau geprüft werden, welche Bewertung von Leistung und Führung der Arbeitgeber im Einzelnen gewählt hat.
Erst nach einer entsprechenden Prüfung können die Erfolgsaussichten des Zeugnisberichtigungsverfahrens konkret eingeschätzt werden.
Benötigen Sie weitere Informationen?
Wir stehen Ihnen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.
Sprechen Sie uns an!
Tel.: 06202 859480